Donnerstag, 8.6.2017, 20:15 Uhr
Jennifer Bean, Seattle
„Versteckte Anspielungen“: Erotische Befreiung und Gelächter in THE MARRIAGE CIRCLE
Vortrag in englischer Sprache
Als Regisseur Josef von Sternberg sich bemühte, den schwer zu definierenden Begriff des Lubitsch Touch aufzuklären, bezog er sich auf eine bestimmte Art der Anspielung, wie sie in THE MARRIAGE CIRCLEzum Ausdruck kommt. In dieser raffinierten Komödie über sexuelle Beziehungen beweist Lubitsch, dass er mehr als eine oberflächliche Betrachtung des Menschen und seiner Umwelt anstrebt und ihnen somit eine höhere Bedeutung beimisst. Das Ergebnis ist eine verfeinerte, ungezügelte Form der erotischen Befreiung, die U.S.-Kritiker als „europäisch“ verhöhnten, während sie zugleich für die Virtuosität und Anziehungskraft des Films schwärmten. Lubitschs erster U.S.-Film, ROSITA (1923), konnte Mary Pickford nicht von ihren mädchenhaften Rollen befreien, wohingegen seine zweite Produktion, THE MARRIAGE CIRCLE, das Image von weiblichen Stars wie Marie Prevost erfolgreich umzuwandeln vermochte, während er zugleich Hollywoods Vorstellungen von Sittlichkeit sowie deren künstlerische Konzeption der Sexkomödie anfocht.
Jennifer M. Bean ist Professorin und assoziierte Leiterin am Institut für Vergleichende Literaturwissenschaft, Film und Medien an der University of Washington-Seattle, wo sie ebenfalls die Film- und Medienstudiengänge leitet. Sie veröffentlichte weitgehend Literatur über den Stummfilm, wie etwa ihr preisgekrönter Sammelband „Silent Cinema and the Politics of Space“ (2014), „A Feminist Reader in Early Cinema“ (2002) sowie „Flickers of Desire: Movie Stars of the 1910s“ (2011). Als Vorstandsmitglied der Thanhouser Film Company Preservation, Inc., dient sie unter anderem für Turner Classic Movies, das Britische Filminstitut, BBC-2, New York Public Radio und die National Film Preservation Foundation als historische Fachberaterin.
Mitschnitt der Veranstaltung
Film:
THE MARRIAGE CIRCLE, USA, 1924, 92 Min.